Am 22. Juni fand die achte Vereinsversammlung von „Offenes Scherli“ statt. Jürg Schneider gab bekannt, dass er von seinem Präsidentenamt zurücktritt. Gleichzeitig bleibt er dem Verein als Vorstandsmitglied erhalten.
Die üblichen Traktanden einer ordentlichen Vereinsversammlung waren schnell abgehandelt, zumal es keine Anträge aus der Mitgliedschaft gab: Der Revisionsbericht von Eros Antognini und Peter Baumann wurde einstimmig genehmigt und beide Revisoren wurden wieder gewählt. Auch sämtliche Vorstandsmitglieder sind in ihrem Amt bestätigt worden. Ferner wurde die Arbeit von Kassier Werner Dietrich verdankt.
Jürg Schneider legt Präsidentenamt nieder
Was dem Vorstand bereits seit einiger Zeit bekannt war, wurde nun an der Versammlung offizialisiert: Jürg Schneider gibt sein Amt als Präsident ab, bleibt aber als Vorstandsmitglied dem Verein erhalten. Damit ist die Schnittstelle des Vereins zu politischen und juristischen Organisationen und Akteuren sichergestellt. Das Präsidentenamt bleibt zurzeit vakant und der Vorstand wird im Verlaufe der nächsten Monate entscheiden, wie es mit der Besetzung weitergehen soll. In dieser Zeit teilen sich die Vorstandsmitglieder präsidiale Aufgaben auf, so wird zum Beispiel die Vorbereitung und Leitung der Vorstandsmeetings im Turnus erfolgen.
Über 100 Flüchtlinge begleitet: Ein Blick zurück
Jürg hat in den letzten sieben Jahren den Verein stark geprägt und blickt kurz zurück: Über 100 Flüchtlinge wurden in dieser Zeit juristisch beraten. Auch politisch hat Jürg zusammen mit seinen Mitstreiter:innen viel erreicht. Aktuellstes Beispiel ist der 14-tägige Besuch des „Special Rapporteurs für Menschenrechte in Eritrea“ der UNO, Dr. M. Babiker, der sich ein genaues Bild über die Situation der Eritreer:innen in der Schweiz verschaffen wollte. Babiker konnte aufgrund des persönlichen Kontakts zahlreiche Gespräch führen, zum Beispiel mit eritreischen Flüchtlingen, Rechtsanwälten, Experten, dem Staatssekretariat für Migration (SEM) oder mit dem Migrationsamt des Kantons.
Zwangsabbruch von Lehren: eine Lösung zeichnet sich ab
In seiner Zeit als Präsident haben gemäss Rolf Bornhauser mehr als 20 Flüchtlinge aus der ehemaligen Notunterkunft in Niederscherli eine Lehre abgeschlossen. Sie leben auch dank des Engagements vieler im Verein tätiger Freiwilliger mittlerweile selbstbestimmt unter uns. In einem der Kernthemen von «Offenes Scherli», dem Zwangsabbruch von Lehren, ist endlich auch auf politischer Bundesebene Bewegung reingekommen. «Eine Herzensangelegenheit», sagt Jürg Schneider, der verhalten zuversichtlich ist, dass sich in diesem Thema eine nachhaltige Lösung für die Betroffenen abzeichnen wird.
Gangart im Kanton Bern härter geworden
Für den Verein bleibt die Integration der Flüchtlinge in unsere Region, sowohl auf gesellschaftlicher und familiärer Ebene als auch in die Arbeitswelt, ein Kernthema. Hierfür hat sich besonders Rolf Bornhauser eingesetzt: «Für eine erfolgreiche Integration ist eine professionelle Begleitung notwendig, besonders bei Behördengängen, aber auch im Kontakt mit Arbeitgebern.» Ihn beschäftigt zurzeit die drastischen Kürzungen der Sozialhilfegelder für Flüchtlinge mit Status F im Kanton Bern.
Der gesamte Vorstand ist sich darin einig, dass insbesondere im Kanton Bern eine generelle «Verhärtung» seitens der Behörden im Umgang mit Flüchtlingen festzustellen ist. Umso fester sind alle Anwesenden davon überzeugt, dass es «Offenes Scherli» heute und in Zukunft mehr denn je braucht. Dazu gehören auch die monatlichen Freitagtreffs und das samstägliche Fussballspielen in Niederscherli, beide Angebote werden rege genutzt.
Nach diesem Blick auf die Tätigkeiten des Vereins bedankt sich Jürg Schneider letztmals in seiner Rolle als Präsident bei allen Engagierten und Mitgliedern für die gute Zusammenarbeit und schliesst damit die Vereinsversammlung 2023 im Kirchgemeindehaus Niederscherli.